Über materialwissenschaftliche Prüfmethoden und bionische Betrachtungsweisen werden im Projekt „Stamm-Astanbindung“ Ansätze zu Entwicklungsvorhaben der Verbindungstechnik und effizienten Vollholznutzung erarbeitet.
Bereits im 15./16. Jahrhundert übernahm Leonardo da Vinci Beobachtungen in der Natur und entwickelte anhand dieser technische Gerätschaften. Im Vorlaufforschungs-Projekt „Stamm-Astanbindung“ gilt es auf Grundlage dieser, Bionik genannten, Vorgehensweise, den strukturellen Aufbau des natürlichen Knotenelementes zwischen Stamm und Ast zu untersuchen, zu verstehen und für technische Entwicklungsansätze zu nutzen.
Über der Entwicklung eines theoretischen Verständnisses zu den Wirkungsprinzipien einer Stamm-Astanbindung und der Überprüfung des Verständnisses mittels Materialprüfungen an brettförmigen und stammförmigen Probekörpern mit Ästen, sind die Erkenntnisse in die Entwicklung von Verbindungselementen des Holz- und Möbelbaus sowie der Steigerung einer effizienten Massivholznutzung zu überführen. Die Untersuchungen sollen den kompletten hierarchischen Aufbau der Materialstruktur über die Ebenen Ultrastruktur (Zellwand), Mikrostruktur (Zellstruktur), Makrostruktur (Gewebe) sowie Integralstruktur (Stamm) umfassen.
Auf Grundlage einer Literaturrecherche ist mithilfe der Ausstattung des Zentrallabors für Werkstofftechnik das Grundverständnis einer Stamm-Astanbindung zu verfestigen. Unter Zuhilfenahme der Universalprüfmaschine Zwick-Roell Z100 werden an Fichtenproben mit unterschiedlichen Ast-Integrationsformen sowie Ast-Durchmessern Zug-, Druck- und Biegeversuche durchgeführt. Eine Analyse des Materialverhaltens und der Verformungen während der Belastungsprüfungen ermöglichen die Videoaufnahmen der 3D-Digital-Image-Correlation-Analyse (DIC-Analyse).
Die Belastungen durch dynamische und statische Lasten (z.B. Wind- und Schneelasten) werden mithilfe von Druckprüfungen an zylindrischen, der Stamm-Astanbindung am Baum entsprechenden, Prüfkörpern durchgeführt. Eine optische Analyse der Verformungs- und Spannungsverläufe wird ebenfalls durch eine DIC-Analyse realisiert.
Als Erweiterung der optischen Verformungsanalyse durch das DIC-System finden neben CT-Scans auch Auflicht- und Durchlichtmikroskopie zur Prüfkörperuntersuchung vor und nach den Prüfungen Verwendung.
Unter Zuhilfenahme der Finite-Elemente-Methode werden die Erkenntnisse der durchgeführten Untersuchungen in Entwicklungsansätze der Themenbereiche Verbindungstechnik und effiziente Massivholznutzung überführt. Diese Entwicklungsansätze gilt es abschließend in Drittmittelanträgen festzuhalten.
Die Anforderungen an die Verbindungselemente im Holz- und Möbelbau werden in Zukunft steigen. Dies bezieht sich auf: (1) Reduce: weniger Materialeinsatz und weniger Bauraum, (2) Reuse: lösbare und wiederverwendbare Verbindungen und (3) Recycle: biobasierte und recyclingfähige Materialien. Diese Faktoren werden durch die Entwicklung effizienter Verbindungselemente zum Einsatz als leistungsstarke Verbindungen in der Holz- und Möbeltechnik auf Grundlage bionisch optimierter Strukturen begünstigt. Auch in Bezug auf effiziente Nutzung von Vollholz können sich durch die Forschungsergebnisse hinsichtlich Verschnitt, Ausbeute und Verschwendung in der Schnittholzsortierung und -nutzung neue Potentiale ergeben.