OfDataLyse: Energetische Zustandsbewertung großer Gebäudebestände

Entwicklung eines Tools für die strategische Auswertung von heterogenen Datensätzen großer Gebäudebestände

Hintergrund des Projekts

Die straffen energetischen Anforderungen der Bundesregierung an die Kommunen bringen viele Herausforderungen mit sich. Die zentrale kommunale Aufgabe ist es, einen auf Prioritäten ausgerichteten Sanierungsfahrplan aufzustellen, um im Spannungsfeld aus Personal- und Mittelknappheit zielgerichtet die wesentlichen Schritte einzuleiten. 

Eine grundlegende Aufgabe des Baureferats München ist es, ihr großes, heterogenes Gebäudeportfolio energetisch zu verwalten. Es sollen Energieeinsparpotenziale einzelner Objekte herausgefiltert und konkrete Sanierungsmaßnahmen aufgezeigt werden. Es gilt herauszufinden, welche Gebäude den größten Sanierungsbedarf haben und bei welchen Gebäuden mit dem geringsten Aufwand die größten Energieeinsparungen erzielt werden können. Das bedarf einer globalen Betrachtung des gesamten Gebäudebestands und stellt in Anbetracht der Vielzahl an Daten eine große Herausforderung dar.  

Für die Gebäudebewertung hat jeder Mitarbeiter eine individuelle Herangehensweise. Die meisten führen persönlich erstellte Excel-Tabellen, in denen sie die wichtigsten Daten aus den unterschiedlichen Quellen sammeln und ordnen. Diese Listen werden als Grundlage zur Entscheidungsfindung verwendet. Da die Daten teils analog, lückenhaft oder variabel sind, müssen diese mühsam recherchiert und auf Aktualität sowie auf Plausibilität geprüft werden. Ein weiteres Problem ist, dass es noch kein fundiertes Wissen darüber gibt, welche Gebäudeinformation, welche Auswirkung auf die Energiebetrachtung hat.

Eine bessere Vernetzung der Abteilungen untereinander wäre eine potenzielle Stellschraube, welche die verschiedenen Prozesse individueller Abteilungen optimieren könnte. Dies ist allerdings ein Grundproblem von Städten, welches auf die komplizierten Verwaltungsstrukturen zurückzuführen ist. Aktuell ist es in den meisten Fällen so, dass jede Abteilung ihre eigenen Gebäudedaten erhebt und verwaltet. Durch das Fehlen einer gemeinsamen Datenbank können keine Synergien genutzt werden. 

Problematisch ist auch, dass Zähler meist liegenschafts- und nicht gebäudebezogen sind und dass es zum anderen keine Bedarfswerte gibt. Eine Gegenüberstellung von Bedarfs- und Verbrauchswerten auf Gebäudeebene ist daher momentan nicht möglich. Das Bestreben des Baureferats ist, diesen Vergleich zu ermöglichen, um Sanierungspotenziale aufdecken zu können.  

Projektziel

Große Datenmengen aus verschiedenen Quellen mit teils unzureichenden Gebäudeinformationen stellen viele Portfolioverwalter vor eine große Herausforderung. In diesem Kontext soll das Forschungsprojekt am Beispiel der Landeshauptstadt München (LHM) eine übertragbare Methodik zur energetischen Gebäudeportfolioverwaltung hervorbringen. Ziel ist es, im Sinne eines strategischen Portfoliomanagements mit den vorhandenen Daten eine flächendeckende Einschätzung zum energetischen Zustand der Gebäude zu erlangen sowie die Sanierungsstellschrauben und deren Auswirkungen erkennbar zu machen.  

Dabei gilt es zunächst allgemein die Arbeitsweisen und Entscheidungsprozesse innerhalb kommunaler Strukturen zu analysieren. Darauf aufbauend soll die Ausgangssituation im Baureferat München festgestellt werden. Es sollen die Arbeitsprozesse zur energetischen Gebäudebewertung analysiert werden. Ferner soll ein umfassendes Bild der vorliegenden Datensituation entstehen - welche Daten werden aus welchen Quellen bezogen und wo gibt es Datenlücken? 

Es soll herausgefunden werden, welche Gebäudeinformationen notwendig sind, um ein Objekt aus energetischer Sicht hinreichend genau einschätzen zu können. Ziel ist es, so einfach wie möglich eine belastbare Aussage zu bekommen. Bei der Erarbeitung gilt es vom Groben ins Feine zu gehen, damit die Ergebnisse schrittweise feinkörniger werden.   

Über statistische Methoden sollen Datenlücken geschlossen werden. Durch die Verknüpfung der Erkenntnisse soll eine übertragbare Methodik für ein strategisches Portfoliomanagement entstehen. Vorhandene Softwarelösungen zur Datenhaltung, -verwaltung und –pflege sollen mithilfe der erarbeiteten Methodik angepasst werden. Mit der Analysemethode sollen Energieeinsparungen, CO2-Einsparungen, Kosteneinsparungen und die Amortisationszeit basierend auf ausgewählten Modernisierungsoptionen abgeschätzt werden, um die aufwendigen Aufgaben trotz mangelnder Ressourcen bewältigen zu können.  Damit wird Entscheidungsträgern ein Tool an die Hand gegeben, welches sie unterstützt, um künftig ihre Ressourcen effizienter einsetzen können.

Mit dem Erreichen der Projektziele wird für das übergeordnete Ziel, die Energieeffizienzsteigerung großer Gebäudebestände und somit die Reduktion des CO2-Ausstoßes, ein wichtiger Beitrag geleistet. 

Projektablauf

Der erste Abschnitt der Arbeit befasst sich mit der Bestandsanalyse. Diese lässt sich in zwei Bereiche aufteilen:

  • Im ersten Bereich geht es um die Untersuchung der Prozesse hinsichtlich energetischer Gebäudeportfolioverwaltung in Kommunen im Allgemeinen. 
  • Im zweiten Abschnitt geht es um die Analyse des Baureferates der Landeshauptstadt München. Es werden Strukturen, Arbeitsweise und die Prozesse der energetischen Gebäudeanalyse untersucht. Darüber hinaus werden die verfügbaren Datensätze, die Informationsdichte und Qualität der Daten ermittelt. Ein zentraler Punkt des Abschnitts ist die Feststellung der Prozesse zur Datenerfassung, -haltung, -pflege und -weiterentwicklung. Hierfür werden die im Baureferat verwendeten Systeme untersucht und beschrieben.  

Nach der Bestandsanalyse wird das Thema Daten im Kontext einer energetischen Gebäudeportfoliobewertung behandelt. Es wird erörtert, welche Parameter relevant sind, welche Daten zur Bearbeitung des Projektes vorhanden sind, was die begrenzenden Faktoren dabei sind und welche Informationen aus welchen Quellen verwendet werden. 

Im nächsten Abschnitt wird auf die Entwicklung des Tools zur energetischen Bewertung großer Gebäudeportfolios eingegangen. Es wird erläutert, wie es konzipiert ist, weshalb bestimmte Entscheidungen getroffen wurden und welcher Einsatzzweck damit abgedeckt wird. 

Weiter im Verlauf werden die zwei übergeordneten Funktionen des Tools beschrieben. Diese sind einerseits die Analyse der tatsächlichen Verbrauchsdaten mit der Identifikation von „Großverbrauchern“ und andererseits die Berechnung des Wärme- und Endenergiebedarfs, die Ermittlung der entsprechenden CO2-Emissionen, die Berechnung der Sanierungskosten sowie die Berechnung der Einsparpotenziale und Amortisationszeit einer energetischen Sanierung. Abschließend wird auf das Thema „Visualisierung der Ergebnisse“ eingegangen. 

In den nächsten beiden Abschnitten werden die Ergebnisse der Portfolioanalyse des Gebäudebestands Münchens unter Anwendung des Tools aufgezeigt und ausgewertet. Im letzten Kapitel werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und diskutiert, der zukünftige Forschungsbedarf aufgezeigt und ein Ausblick gegeben.

Innovation

Mit dem Forschungsprojekt konnten Erkenntnisse zu den Problemstellungen in der Datenhaltung und Verwaltung seitens Verwalter großer Gebäudebestände gewonnen werden. Im Zuge der Bestandsanalyse wurde festgestellt, dass die Hürde bei der energetischen Portfolioverwaltung nicht der Mangel an Gebäudeinformationen ist. Vielmehr sind es die komplexen Strukturen innerhalb einer Organisation wie dem Baureferat München und das Fehlen einer zentralen Stelle zur Koordination von Gebäudedaten.  

Am Beispiel der LHM wurde deutlich, dass jede Abteilung ihre individuellen Interessen und Verwaltungssektoren hat. Dementsprechend hat jede Abteilung ihre eigenen Methoden und Systeme zur Datenhaltung und Verwaltung. Hinzu kommt, dass es neben internen Quellen zu Gebäudeparametern noch externe Quellen, wie z. B. 3D-Gebäudemodelle von den Vermessungsämtern gibt. Grundsätzlich besteht hier ein großes Potenzial. Es wäre daher ein Zugewinn an Effizienz, wenn es eine zentrale Stelle gäbe, die alle Quellen und somit auch die enthaltenen Daten verwaltet und pflegt. Hierzu müsste noch ein System geschaffen werden, welches die Datenerfassung und Haltung einheitlich regelt. 

Bei der Analyse des Gebäudebestandes wurde die Notwendigkeit der oben beschriebenen Problematik deutlich. Keine Quelle lieferte ausreichend Informationen, um eine energetische Bilanzierung auf Stadtebene durchführen zu können. Bei dem Versuch, Parameter aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen, war der limitierende Faktor, dass individuelle Objektgrenzen nicht einheitlich definiert sind. Eine globale Gebäudeidentifikationsnummer würde vor allem in Hinblick auf das Zusammentragen von Gebäudeinformationen einen großen Vorteil bringen.  

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein Tool entwickelt, welches mit geringem Dateneinsatz eine Einschätzung zum energetischen Zustand des Gebäudeportfolios ermitteln lässt. Das Programm unterstützt Verwalter großer Gebäudeportfolios bei der Entscheidungsfindung und bei der Erstellung von Sanierungsfahrplänen. Dadurch leistest es einen wertvollen Beitrag für die Erreichung der Klimaschutzziele und unterstützt auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand.


Projektleitung


Projektdauer

01.03.2019 - 28.02.2022

Projektförderung

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung