ODIP FLIM: Automatische Erkennung von Kunststoffen durch Fluoreszenz

Im Projekt OPDI-FLIM wird das kunststoffspezifische Fluoreszenzverhalten von verschiedenen Polymeren untersucht

Hintergrund des Projekts

Kunststoffabfälle, insbesondere Mikroplastikmüll, werden zu einem immer größeren gesellschaftlichen Problem von unermesslichen Ausmaßen. So fanden Forscher der Universität aus Georgia in Amerika heraus, dass 2010 in 192 Küstenregionen der Welt rund 275 Millionen Tonnen Plastikmüll erzeugt wurden, wobei weitere Ergebnisse zeigten, das von den 275 Millionen Tonnen Müll 4,8 bis 12,7 Mio. Tonnen in den Weltmeeren landen. Auch Deutschland ist von der Problematik der mit Mikroplastik verunreinigten Gewässern betroffen.

Forschungsergebnisse des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) zeigen, dass in Proben aus Klärwerksfiltern tagesabhängig zwischen 0,53 x 10³ und 18 x 10³ Partikel pro einem Kubikmeter Wasser zu finden sind. Allerdings ist nicht nur die hohe Umweltbelastung ein Problem, denn laut dem AWI und anderer Studien aus Kanada und Malaysia, nehmen Meeresorganismen wie beispielsweise Fische, Seevögel, Muscheln und Krebse diese Partikel auf. Das Mikroplastik kommt dadurch auch in die menschliche Nahrungskette kommt, wobei noch nicht bekannt ist, ob und welche gesundheitlichen Schäden der Verzehr von mikroplastikbelasteten Lebensmitteln nach sich zieht.

Projektziel

Aufgrund der oben genannten Tatsachen ergeben sich prinzipiell zwei Anwendungsszenarien. Ersteres ist die Identifikation von Kunststoffen in Recyclingprozessen, um ein sortenreines Trennen zu gewährleisten. Sekundäres Ziel ist die Identifikation von Kunststoffen in und auf Umweltmatrizen. Für beide Ziele soll eine optische Messmethodik verwendet werden, die im Bereich der biomedizinischen Forschung bereits zum Einsatz kommt: Die bildgebende Mikroskopie der Fluoreszenzabklingzeit (Fluorescence Lifetime Imaging Microscopy: FLIM).

Erste Untersuchungen mit mehreren intern hergestellten Folienproben unterschiedlicher Kunststoffe zeigen, dass sich diese eindeutig voneinander durch ihre Fluoreszenzabklingzeit unterschieden lassen. Es sollen mehrere unterschiedliche Kunststoffe mit unterschiedlichen Füllstoff- und Additivkonzentrationen systematisch untersucht werden, um die Einsatztauglichkeit des Verfahrens in der Kreislaufwirtschaft zu überprüfen.

Zusätzlich wurde mit Materialien aus der Umwelt gezeigt, dass eine Unterscheidung von den Kunststoffen möglich ist, was für eine Identifikation in einer Umweltmatrix spricht. Es werden Versuche mit mehreren Umweltproben angestrebt, um das Verfahren hinsichtlich seiner Einsatztauglichkeit weiter zu testen.

Innovation

Im Moment werden in Recyclingprozessen überwiegend die Nahinfrarot-Spektroskopie und Raman-Spektroskopie zur Erkennung von Kunststoffen verwendet. Beide Verfahren besitzen allerdings Grenzen: Mit der Nahinfrarot-Spektroskopie ist es schwierig den Kunststoff zu identifizieren, wenn sich z.B. Wasser auf dem Kunststoffe befindet, da Wasser hohe Absorptionsbanden in diesem Wellenlängenbereich hat und das zu detektierende Signal verfälscht. Sind dem Kunststoff Additive und Füllstoffe zugesetzt, die eine hohe Auto-Fluoreszenz aufweisen, kann dies das Raman-Signal verfälschen und somit die Erkennung des Kunststoffes beeinträchtigen. Ein Verfahren, welches eine schnelle und sichere Identifikation von Kunststoffen unter den gegebenen Umständen zulässt, könnte zu einer deutlichen Erhöhung der Recyclingquote von Kunststoffen führen.

Derzeit werden die Mikroplastikproben mithilfe eines mehrtägigen und sehr aufwendigen Prozesses aus der Umwelt extrahiert. Das AWI beschreibt beispielsweise, dass von der Probenentnahme aus der Umwelt bis hin zu den Ergebnissen ca. 17 Tage vergehen. Es wäre daher überaus praktisch ein Messverfahren zu entwickeln, welches die Umweltprobe direkt vor Ort analysiert. Dadurch würde der erhebliche Arbeitsaufwand entfallen und die überschüssige Zeit könnte für essenziellere Arbeiten aufgewandt werden.

Publikationen

  • M. Wohlschläger and M. Versen, Detection of plastics in water based  on their fluorescence behavior, J. Sens. Sens. Syst., 9, 337–343, 2020. https://doi.org/10.5194/jsss-9-337-2020

  • M. Wohlschläger, G. Holst, M. Versen, A novel approach to optically distinguish plastics based on fluorescence lifetime measurements, IEEE Sensor Applications Symposium 2020, Kuala Lumpur, Malaysia, pp. 1-6.

  • M. Wohlschläger, G. Holst, M. Versen, Automatische Erkennung von Kunststoffen durch bildgebende Fluoreszenzabklingzeitmessung, 17. AALE Konferenz, 2020, VDE Verlag Berlin, ISBN 978-3-8007-5180-8, S. 223-231.

  • M. Wohlschläger, M. Versen, G. Holst and R. Franke, An Approach of Identifying Polymers With Fluorescence Lifetime Imaging, 2019 IEEE International Conference on Electrical Engineering and Photonics (EExPolytech), St. Petersburg, Russland, 2019, pp. 186-189.

  • M. Wohlschläger, M. Versen, Detektion von Kunststoffen in Wasser mithilfe von Fluoreszenz, 20. GMA/ITG-Fachtagung Sensoren und Messsysteme, 2019, AMA Service GmbH, ISBN 978-3-9819376-0-2, S. 687-694.

  • M. Wohlschläger, M. Versen, H. Langhals, A method for sorting of plastics with an apparatus specific quantum efficiency approach, IEEE Sensor Applications Symposium (SAS), 2019, Sophia Antipolis, Frankreich, pp. 1-6.

  • M. Wohlschläger, M. Versen, Bestimmung einer Quanteneffizienz für das automatisierte Sortieren von Kunststoffen durch Fluoreszenz, 16. AALE Konferenz, 2019, VDE Verlag Berlin, ISBN 978-3-8007-4860-0, S. 179-187.


Teilprojektleitung


Projektmitarbeiter:innen

Projektdauer

01.02.2019 - 31.12.2020

Projektpartner

Alfred-Wegener-Institut
LMU - Ludwig-Maximilians-Universität*
Excelitas PCO GmbH

Projektförderung

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Förderprogramm

DFG Sachbeihilfe