Reinräume mit prozessoptimierter energieeffizienter Regelung
Ein seit Jahren boomender Bereich der Spritzgießtechnik ist die Fertigung unter reinen oder reinsten Umgebungsbedingungen. Dieser Trend ermöglichte unter anderem die Herstellung von Life-Science-Produkten bei denen auf eine anschließende Sterilisation verzichtet oder die Sterilisation in reduzierter Form angewendet werden kann.
Für Kunststoffe ist dies aufgrund Ihrer Anfälligkeit gegenüber den gängigen Sterilisationsverfahren ein notwendiger Entwicklungsschritt. Jedoch stellt die Produktion unter Reinraumbedingungen, neben der Maschinentechnik, einen erheblichen Faktor auf den Gesamtenergieverbrauch einer Anlage dar. Laut dem Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. werden pro Jahr insgesamt 2,5 Mio. Tonnen Kunststoff im Spritzgießverfahren verarbeitet und hierbei entfällt ein Anteil von aktuell geschätzten 250.000 Tonnen auf medizinische Produkte.
Allein für die Produktion von medizinischen Produkten sind somit 100 Mio. kWh pro Jahr notwendig. Bereits eine Reduzierung dieses Energiebedarfs um 5% könnte den Jahresstromverbrauch von 1.430 Haushalten einsparen. Aus obigen Punkten entsteht die Forderung nach einer energieeffizienteren Reinraumtechnik für die Spritzgießtechnik, um im internationalen Wettbewerb weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben.
Ziel des Projektes ReProEff ist die Entwicklung einer energieeffizienten Reinraumversuchsanlage mittels lokalen produktbezogenen Parametern. Die Parameter sollen mit Hilfe von Partikelzählern an ausgewählten Standorten und einer prozessintegrierten optischen Reinheitsklassifizierung der Bauteiloberfläche des Kunststoffformteils ermittelt werden. Der Stromverbrauch der Reinraumklimaanlage soll über ein zentrales Monitoringsystem erfasst, visualisiert und optimiert werden.
Für einen optimalen Aufbau der Reinraumversuchsanlage und die Entwicklung von entsprechenden Datenbanken soll der Einfluss des Spritzgießmaschinen-, Automations-, Maschinenanbindungs- und Materialtrocknungskonzeptes sowie der Spritzgießmaschinenparameter auf den Energieverbrauch des Reinraumes und die Produktreinheit herausgearbeitet und Verbesserungsvorschläge abgeleitet werden. Es soll auch ein energieeffizienter Regelkreis zwischen den produktbezogenen Parametern und der Klimaanlage des Reinraumes bzw. den einzelnen Laminar-Flow-Modulen an der Versuchsanlage der Hochschule Rosenheim aufgebaut werden.
Die Herausforderung des Projektes besteht in der Vernetzung der verschiedenen Anlagenkomponenten sowie der Integration der Prozessparameter in den zu entwickelnden Regelkreis. Dadurch wird ein energieeffizienter Betrieb des Reinraumes mit produktnahen Reinraumbedingungen ermöglicht. Die Einhaltung der Richtlinien und Normen erschweren eine Energieminimierung und es sollen mit diesem Projekt die Grundlagen für ein Umdenken bzw. Erweiterungen in den Normen angestoßen werden.